Wie eine Schokoladen-Manufaktur erfolgreich ein Warenwirtschaftssystem eingeführt hat.
Bedeutung und Relevanz des Themas für kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs)
In der heutigen wettbewerbsorientierten Geschäftswelt ist Effizienz gerade für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) ein Schlüssel zum Erfolg. Interne Prozesse können beispielsweise durch die Einführung eines Warenwirtschaftssystems optimiert und effizienter gestaltet werden.
Ein Warenwirtschaftssystem (WWS) ist ein computergestütztes Verfahren, das darauf abzielt, Warenbestände und Bewegungsdaten präzise zu erfassen und zielgerichtet zu verarbeiten. Es dient der effektiven Steuerung des Warenflusses und wird längst nicht mehr nur von großen Handelsunternehmen genutzt, sondern zunehmend auch von kleinen und mittelständischen Betrieben.
KMUs profitieren von einem Warenwirtschaftssystem auf vielfältige Weise:
Optimierte Lagerverwaltung und verbesserte Übersicht über Bestellungen sowie Lieferanten: Dies ermöglicht automatische Nachbestellungen, was zu effizienteren Einkaufsentscheidungen führt und gleichzeitig Bestände reduziert sowie Kosten senkt.
Bessere Nachverfolgbarkeit von Produkten: Eine lückenlose Dokumentation steigert die Effizienz in der Logistik und sorgt für eine schnellere und präzisere Bearbeitung.
Automatisierung von Bestellprozessen: Dies spart nicht nur Zeit, sondern verbessert auch die Kundenzufriedenheit, da Bestellungen schneller und fehlerfreier bearbeitet werden.
Die Einführung von Warenwirtschaftssystemen birgt für jene KMUs benannte Chancen, aber auch Herausforderungen, die sich im Prozess der Umsetzung ergeben. Die Goldhelm Schokoladen Manufaktur, mit Sitz u.a. in Erfurt und Leipzig, hat in den vergangenen Monaten erfolgreich ein Warenwirtschaftssystem eingeführt. Wir sprachen zur Umsetzung des Vorhabens mit Mario Sommer, der seit zwei Jahren für die IT-Administration, Warenwirtschaft sowie den Bereich Maschinen/Anlagen bei der Goldhelm Schokoladen Manufaktur zuständig ist, sowie mit Beatrice Heinrich, Teamleiterin der Erfurter Läden, über ihre Erfahrungen.
Faktencheck zum Unternehmen
Die Goldhelm Schokoladen Manufaktur setzt als inhabergeführte Manufaktur auf Tradition und Handwerk. In fünf Niederlassungen arbeiten ca. 100 Mitarbeitende, im Zentrum stehen verschiedenste Produkte rund um Schokolade.
Name des Unternehmensdabei: Goldhelm Schokoladen Manufaktur, inhabergeführte Manufaktur
Branche: Handwerk
Unternehmensgröße: 100 Mitarbeitende
Anliegen und Umsetzungsprojekt: Die Goldhelm Schokoladenmanufaktur wandte sich mit dem Anliegen an das Mittelstand-Digital Zentrum Leipzig-Halle, den Prozess der Einführung eines Warenwirtschaftssystems anzustoßen bzw. unterstützend zu begleiten.
Ausgangslage
Wie viele kleine Unternehmen wuchs Goldhelm in schnellem Tempo. Was einst als bescheidene Niederlassung auf der Krämerbrücke in Erfurt mit 18 Mitarbeitern begann, entwickelte sich rasch zu einem florierenden Betrieb mit rund 100 Angestellten und fünf Standorten. Doch das Lager- und Bestellsystem stammte noch aus den Anfangsjahren: Es basierte auf Excel-Listen und wurde überwiegend mit Zettel und Stift verwaltet, was dazu führte, dass eingehende Bestellungen oft noch in Papierform erfasst wurden.
Diese Arbeitsweise führte zunehmend zu Fehlern: Zahlen waren unleserlich, wichtige Informationen gingen verloren, und der Überblick über Bestände und Bestellungen wurde immer schwieriger. Angesichts dieser Herausforderungen wurde es unumgänglich, eine moderne Warenwirtschaftslösung einzuführen. Mit Unterstützung des Mittelstand-Digital Zentrums fiel die Wahl schließlich auf das Warenwirtschaftssystem JTL, da dessen Software in besonderem Maße zu den spezifischen Bedürfnisse des Unternehmens passte.
Zielsetzung
Als Idee liegt dem Umsetzungsprozess zugrunde, dass die Warenwirtschaft zentrales System innerhalb der Unternehmensprozesse wird. Die Warenwirtschaft kann auf alle benötigten Daten zugreifen und die Kassen sowie das Shopsystem verarbeiten diese Daten ebenfalls. Später sollen auch Händlerbestellungen, wie beispielsweise die des Partners Rewe, in das System integriert werden, um vorausschauender und besser planen zu können und Überverkäufe auszuschließen.
Mit dem Vorhaben verbundene Ziele auf einen Blick:
- Zeitersparnis und Reduktion der Fehleranfälligkeit durch Optimierung der Prozesse
- Standardisierung von Workflows
- Effizientes Verwalten der Lagerbestände
- Automatisierung von Bestellprozessen
- Bestellung auch über Website und Shopsystem ermöglichen
Vorgehen und aktueller Stand
Das Projekt wurde im Unternehmen in enger Zusammenarbeit zwischen der IT-Abteilung und der Verkaufsabteilung umgesetzt. Ein zentraler Aspekt war es, der IT-Abteilung einen klaren Überblick über die täglichen Geschäftsprozesse zu geben, um gemeinsam die daraus resultierenden Bedürfnisse und Anforderungen an das zukünftige Warenwirtschaftssystem zu ermitteln. Diese enge Zusammenarbeit erwies sich auch während der Implementierung als äußerst wertvoll, da etwaige Fehler im System direkt gemeldet und zügig behoben werden konnten.
Vor einigen Wochen wurde ein bedeutender Meilenstein erreicht: Das Bestellsystem für die Läden läuft nun vollständig automatisiert über das neue System. Die Warenwirtschaft erstellt nun automatisch Bestellvorschläge, die per “Ping” an die Läden übermittelt werden.
Auch die Kassensysteme wurden erfolgreich in das Warenwirtschaftssystem integriert. Hierfür fanden individuelle Schulungen mit den Verkäufern statt, bei denen die Mitarbeitenden intensiv in die neuen Prozesse und den Umgang mit den Kassen eingeführt wurden. So konnten etwaige Anpassungen direkt auf Grundlage von Rückmeldungen aus der Praxis vorgenommen werden.
In den kommenden Monaten sind weitere Optimierungen geplant. Dazu gehört die Einführung von Handscannern für Lieferanten, um die Waren direkt beim Eingang zu scannen. Auch die Gegenkontrolle in den Läden wird zukünftig durch Scanner erfolgen. Darüber hinaus soll der Webshop in das Warenwirtschaftssystem integriert werden, sodass künftig auch Click & Collect sowie Warenbestellungen über die verschiedenen Niederlassungen möglich sind.
Herausforderungen und Lösungen
Während des Umsetzungsprozesses haben sich die folgenden Herausforderungen ergeben:
- Eine der größten Hürden war zunächst die präzise Definition der Auswahlkriterien für das passende Warenwirtschaftssystem. Es galt, genau zu klären, welche Funktionen wirklich benötigt werden und welches System diese Anforderungen am besten erfüllt. Besonders anspruchsvoll war dabei die Erfahrung aus der Vergangenheit, als ein zuvor ausgewähltes System aufgrund seiner Komplexität und Größe nicht den gewünschten Erfolg brachte. Nach der Entscheidung für die Software JTL wurde in enger Zusammenarbeit mit der Verkaufsabteilung und auf Basis der ermittelten Bedarfe ein detaillierter Plan entwickelt. Verschiedene Prozesse wurden gemeinsam erarbeitet und getestet, um sicherzustellen, dass sie auch tatsächlich im neuen System abgebildet werden können.
- Dabei stand stets die Frage im Raum: Müssen die bestehenden Prozesse unverändert bleiben oder gibt es Potenzial zur Optimierung? In einigen Fällen stellte sich heraus, dass es sinnvoll war, die Prozesse an das System anzupassen, was intern zu strukturellen Änderungen führte.
Ein weiterer, nicht unerheblicher Faktor war der hohe Zeitaufwand, der sich auf etwa 1,5 Jahre beläuft. Dies erklärt sich durch die Tatsache, dass die Umstellung parallel zum regulären Geschäftsbetrieb erfolgen musste. Besonders während der saisonalen Spitzenzeiten wie Weihnachten und Ostern – wenn das Schokoladengeschäft auf Hochtouren läuft – musste das Projekt pausieren, was dazu führte, dass sich alle Beteiligten immer wieder neu in das Thema einarbeiten und motiviert werden mussten, damit der Fortschritt nicht ins Stocken geriet. Daher mussten die Zeit- und Meilensteinplanung mehrfach angepasst werden.
All diese Herausforderungen machten es notwendig, ein Projektteam zu bilden, das unabhängig von den täglichen Abläufen arbeiten konnte und nicht in das reguläre Geschäft eingebunden war. Nur so konnte gewährleistet werden, dass das Umsetzungsprojekt konsequent voranschritt.
Zusammenarbeit mit dem Mittelstand-Digital Zentrum Leipzig-Halle
Insbesondere zu Beginn des Umsetzungsprojektes arbeitete das Unternehmen eng mit dem Mittelstand-Digital Zentrum Leipzig-Halle zusammen. Das Zentrum unterstützte wie folgt:
- Ermitteln von Bedarfen des Unternehmens und Ableiten von Anforderungen, die an ein Warenwirtschaftssystem gestellt werden
- Analyse mehrerer Warenwirtschaftssysteme
- Auswahl eines Warenwirtschaftssystems aufgrund festgelegter Kriterien
- Hilfestellung in Fragen rund um Datensicherheit und Verwalten von Kundendaten
- Hilfestellung in Bezug auf Übertragung von Daten, Anpassen des Newslettersystems sowie Kassensystems und der Kassenabläufe
Tipps und Empfehlungen für KMUs mit einem ähnlichen Anliegen
- Erfassen der Bedarfe: Es empfiehlt sich, zu Beginn der Planungsphase zu ermitteln, welche Anforderungen an ein neues Warenwirtschaftssystem gestellt werden und was konkret benötigt wird. So sollen Fehlinvestitionen in teure Programme und entsprechende Hardware vermieden werden. Ziel sei es nicht, ein besonders schönes oder komplexes Programm anzuschaffen, sondern eines, das innerhalb des spezifischen Unternehmens funktioniert und die Mitarbeitenden nicht überfordert.
- Prüfen der unternehmensinternen Prozesse: Außerdem wird geraten, bestehende Prozesse immer wieder neu zu betrachten. Gerade Unternehmen, die schnell gewachsen sind oder deren Mitarbeitende bereits lange tätig sind, neigen dazu, an bestehenden Prozessen festzuhalten. Doch die Einführung eines Warenwirtschaftssystems kann auch Chance zur Optimierung sein. Daher empfiehlt es sich, immer wieder die Frage zu stellen: Ist jener Prozess wirklich der, der im Unternehmen gebraucht wird, oder kann ich bestimmte Abläufe mit einem neuen System, das ich einführe, nicht auch verbessern.
- Mitnahme der Mitarbeitenden: Als ein zentraler Gelingensfaktor hat sich im Prozess der Umgestaltung auch die Mitnahme der Mitarbeitenden herausgestellt. So zeigte sich, dass der Erfolg des Vorhabens durch Mitarbeitenden-Schulungen im System, die Einbindung der Mitarbeiter in die Entwicklung des Systems und damit die Chance, eigene Ideen einzubringen, gesteigert wird. Auf diese Weise wird erreicht, dass die Umgestaltung auch als eine Arbeitserleichterung und damit Motivation für die Mitarbeitenden wahrgenommen wird. Außerdem werden Verständnis sowie Akzeptanz für die angestrebten Veränderungen in der Belegschaft gestärkt.
Wir danken der Goldhelm Schokoladenmanufaktur für die Einblicke in ihren Umsetzungsprozess und hoffen, Sie konnten wertvolle Erkenntnisse für Ihr Unternehmen daraus ableiten.